Donnerstag, 12. Juni 2014

Verbandsbuße

Geldbußen können auch gegen juristische Personen oder Personenhandelsgesellschaften verhängt werden. Dies kann dann geschehen, wenn Organe der juristischen Person oder vertretungsberechtigte Gesellschafter der Personenhandelsgesellschaft, Generalbevollmächtigte oder Prokuristen Zuwiderhandlungen gegen betriebliche Pflichten begehen, z. B. ihren Aufsichtspflichten nicht genügen oder organisatorische Mängel verschulden, wodurch es zur Verletzung steuerlicher Pflichten kommt.

Hinweis
Geldbuße gegen juristische Personen
Da die Geldbuße gem. § 30 Abs. 1 OWiG gegen die juristische Person/Personenhandelsgesellschaft nur zusätzlich neben einem Bußgeld gegen die natürliche Person in Betracht kommt, (sog. Nebenfolge) ist aus der Sicht des Verteidigers die Vorschrift des § 30 Abs. 4 OWiG interessanter.
§ 30 Abs. 4 OWiG ermöglicht es, die Geldbuße gegen die juristische Person im selbstständigen Verfahren zu verhängen. Tatbestandliche Voraussetzung ist, dass das Bußgeldverfahren gegen die natürliche Person eingestellt oder ein solches erst gar nichteingeleitet wurde.

Praxis-Beispiel
Bußgeldverfahren gegen GmbH
Der Betroffene erklärt, sich bei einem Personalbestand von ca. 300 Personen nicht um alle betrieblichen Angelegenheiten selbst kümmern zu können. Er sei zwar als Geschäftsführer verantwortlich, sein persönliches Verschulden erscheine jedoch seiner Meinung nach noch als geringfügig. Die BuStra-Stelle sieht von der Fortsetzung des Bußgeldverfahrens wegen § 130 OWiG nach § 47 Abs. 1 OWiG ab und leitet ein Bußgeldverfahren gem. § 30 Abs. 4 OWiG gegen die GmbH ein.
Rechtsfolge ist die Festsetzung einer Geldbuße mit selbstständigem Bußgeldbescheid gegen die juristische Person (§ 88 Abs. 2 OWiG). Ein Schuldvorwurfgegenüber einer bestimmten natürlichen Person unterbleibt.

Hinweis
Alternative Verfahrensbeendigungen bei juristischen Personen
Verteidiger in Steuerstrafsachen sind häufig recht schnell bereit, Verfahrenseinstellungen nach § 153a StPO zu akzeptieren. Im Strafverfahren gegenüber gesetzlichen Vertretern von juristischen Personen (insbesondere Geschäftsführern von GmbH) oder Personenhandelsgesellschaften kann der Verteidiger jedoch u. U. mit den §§ 130 und 30 OWiG alternative Verfahrensbeendigungen ins Gespräch bringen.

Diese Vorschriften sind auch in BuStra-Stellen häufig nahezu unbekannt. Verfahrensabschlüsse nach einer dieser Vorschriften kommen in Verfahren gegen Geschäftsführer, Vorstände etc. insbesondere deshalb in Betracht, weil es den Ermittlungsbehörden obliegt, für den Vorwurf der Steuerhinterziehung oder der leichtfertigen Steuerverkürzung Vorsatz oder Leichtfertigkeit nachzuweisen. Vorsatz und Leichtfertigkeit stellen aber schwere Schuldformen dar, die entsprechend strengen Anforderungen an den strafrechtlichen Nachweis zu genügen haben. Insbesondere dann, wenn Steuerzuwiderhandlungen in großen Unternehmen, z. B. in den Rechtsformen der GmbH oder AG, festgestellt werden, wird es auf Grund der dort herrschenden Arbeitsteilung und komplexen Organisationsstruktur häufig schwierig, bestimmten Personen leichtfertiges oder gar vorsätzliches Verhalten nachzuweisen. Die Bestimmungen der §§ 370, 378 ff. AO erweisen sich dann als ungeeignet, um Verstöße gegen steuerliche Normen zu ahnden.

Andererseits sind die Ermittler nicht bereit, Verfahren ohne Weiteres einzustellen. Geldbußen nach § 130 oder § 30 OWiG können inderartigen Fällen einen Kompromiss darstellen. Einerseits haben die Strafverfolgungsbehörden eine Ahndung erreicht, andererseits entfällt zweifelsfrei der Makel des Vorwurfs einer Straftat(Steuerhinterziehung), der gerade für Beschuldigte aus Wirtschaftsunternehmen oft als besonders belastend empfunden wird.



Mittwoch, 4. Juni 2014

"Theaterdonner" - beim BGH - JURION Strafrecht Blog

"Theaterdonner" - beim BGH - JURION Strafrecht Blog

Muß ich zur polizeilichen Vernehmung gehen?

Ganz klar: NEIN !

Wenn Sie eine Ladung zur Vernehmung als Beschuldigter von der Polizei erhalten haben, empfiehlt sich grundsätzlich, dass Sie nicht zur Vernehmung gehen. Mit der Vernehmung als Beschuldigter realisieren die Ermittlungsbehörden Ihr Recht auf rechtliches Gehör – das bedeutet, dass jeder Beschuldigte die Möglichkeit bekommen muss, sich im Laufe des Strafverfahrens zu der Beschuldigung zu äußern. Er muss diese Möglichkeit aber nicht wahrnehmen. Es steht jedem Beschuldigten völlig frei, ob er sich zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen äußern möchte oder nicht. Ob das sinnvoll ist oder nicht, sollte ein Rechtsanwalt entscheiden. Ein Strafverteidiger wird Ihnen immer raten, nicht zur Vernehmung bei der Polizei zu gehen, jedenfalls nicht ohne Beisein eines Rechtsanwaltes. Sei wissen im Zeitpunkt der Ladung nicht, was die Polizei weiß. Sie wissen nicht, was die Zeugen ausgesagt haben. Sie wissen in der Regel nicht, was der Anzeigeerstatter in seiner Strafanzeige angegeben hat. Deshalb empfehlen wir, sofort nach Erhalt der Ladung einen Strafverteidiger zu kontaktieren. Nach der Mandatierung können wir uns ein Bild davon machen, was die Polizei gegen Sie in der Hand hat, indem wir die Akte anfordern und Akteneinsicht nehmen. Dann wissen wir, auf welchem Stand das Ermittlungsverfahren gegen Sie ist, und können entsprechend reagieren. Eine Einlassung, in der sowohl Ihre Sichtweise dargelegt wird als auch gegebenenfalls die Vorwürfe entkräftet werden, sollte immer erst nach der Akteneinsicht abgegeben werden.

Reden ist (bestenfalls) SILBER - Schweigen ist Gold

Ich kann es offenbar nicht oft genug wiederholen....

Wenn Ihnen die Polizei (oder sonst wer) eine Straftat vorwirft, sprechen Sie mit einem Rechtsanwalt für Strafrecht....

Sollten Sie zur Beschuldigtenvernehmung geladen sein, lassen Sie sich vorher von einem Fachmann beraten, denn sehr viele Verurteilungen erfolgen, weil jemand meinte,erst einmal aussagen zu müssen - um etwas richtig zu stellen. Oft kommen die Mandanten dann (und wundern sich), dass es noch nicht der Weisheit letzter Schluss war.


Rechtsanwalt Frank Theumer
04. Juni 2014

Dienstag, 3. Juni 2014

„Re­den ist Sil­ber, Schwei­gen ist Gold“ gilt im Straf­pro­zess grund­sätz­lich nicht nur für den An­ge­klag­ten, son­dern manchmal auch für den Rich­ter!

Span­nun­gen zwi­schen Ge­richt und Straf­ver­tei­di­ger kön­nen ebenso auf eine Vor­ein­ge­nom­men­heit des Rich­ters schlie­ßen las­sen. Fragt der Rich­ter den Straf­ver­tei­di­ger zB, wo der Herr Rechts­an­walt das Recht denn ge­lernt habe, ist er nach der Recht­spre­chung des Land­ge­richts Frank­furt (LG Frank­furt StV 1990, 258) be­fan­gen. Laut dem Ober­lan­des­ge­richt Bran­den­burg (OLG Bran­den­burg StV 2007, 121) sollte der Rich­ter sich ebenso nicht in die Be­haup­tung ver­stei­gen, dass sein fünf­jäh­ri­ger Sohn ver­nünf­ti­ger sei als der Rechts­an­walt.



Der Zeuge lügt !

In meiner Tätigkeit als Strafverteidiger kam es schon sehr oft vor, dass ich bereits vor der ersten Aussage zur Sache mit großer Sicherheit eine Lüge erwarte habe. Der Zeuge bekräftigt vor seiner Aussage wiederholt, dass er nieeeeeeeemals lügen würde, denn dies würde sein Gewissen / seine Religion / das Andenken an seine verstorbene Oma / das Wohl seiner Mitmenschen usw. usf. einfach nicht zulassen.
Solch ein Zeuge begann seine Aussage kürzlich sinngemäß nach erfolgter Belehrung wie folgt:

„Herr Richter, ich möchte zu Anfang sagen, dass ich mich nicht so gern zwischen zwei Menschen stelle. Ich will beiden nichts Böses. Aber wenn ich schon aussagen muss, dann sage ich auch die Wahrheit. Das hat mit Ihrer Belehrung auch gar nichts zu tun. Ich kann gar nicht lügen. Ich würde damit Unrecht tun und dann würde ich nicht mehr ruhig schlafen können. Das müssen Sie mir glauben, Herr Richter.“

Nach dieser Einleitung folgt zu (gefühlten) 99 % ein großes Konvolut an Halb-, Fast- und Unwahrheiten.


....genau so geschehen....neulich am Landgericht Braunschweig.



RA Theumer - 03. Juni 2014
www.theumer-mittag.de