Dienstag, 24. Oktober 2017

Anhörungsbogen oder Ladung zur polizeilichen Vernehmung erhalten? | Muss ich zur polizeilichen Vernehmung hingehen oder den Anhörungsbogen beantworten?



Ganz klar: Nein !

Beides würde keinerlei Vorteil verschaffen – könnte aber Ihre Situation DEUTLICH verbessern. Wenn Sie also eine Ladung zur Vernehmung (als Beschuldigter) von der Polizei erhalten haben (oder einen Anhörungsbogen ausfüllen sollen) – antworten Sie nicht – bzw. gehen Sie nicht hin – rufen Sie auch besser nicht an.

Mit der Vernehmung als Beschuldigter realisieren die Ermittlungsbehörden Ihr Recht auf rechtliches Gehör – das bedeutet, dass jeder Beschuldigte die Möglichkeit bekommen muss, sich im Laufe des Strafverfahrens zu der Beschuldigung zu äußern. Es besteht aber (bis auf wenige Ausnahmen) keine Pflicht, diese Möglichkeit wahrzunehmen (und später auch noch ausreichend Gelegenheit dazu – wenn es denn in Ihrem Sinne sein könnte). Es steht nämlich jedem Beschuldigten frei, ob er sich zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen äußern möchte oder nicht. 

Der Zeitpunkt Ihrer Äußerung zu den Vorwürfen spielt keine Rolle für eine eventuelle Strafzumessung. 

Ob (und wann) eine Äußerung sinnvoll ist oder nicht, lassen Sie besser einen Verteidiger entscheiden. Ein Strafverteidiger wird Ihnen immer raten, nicht zur Vernehmung bei der Polizei zu gehen, jedenfalls nicht ohne sein Beisein. Schon deshalb nicht, weil Sie zu diesem Zeitpunkt nicht wissen, was Polizei und Staatsanwaltschaft vorwerfen und welche (angeblichen) Beweise vorliegen. Sie wissen weder, was die Zeugen ausgesagt haben, noch was z.B. ein Anzeigen-erstatter in seiner Strafanzeige angegeben hat. Deshalb gibt es nur eine Empfehlung: Sofort nach Erhalt der Ladung einen Strafverteidiger zu kontaktieren (und ihm das Anschreiben übersenden). Fragen Sie gleich und sofort nach den Kosten – dies muss Ihnen nicht peinlich oder unangenehm sein – im Gegenteil: Der Verteidiger wird froh sein, wenn dieser Punkt geklärt ist.

Nach der Mandatierung wird die Akte angefordert und also Akteneinsicht genommen.

Erst danach kann (in Ruhe und mit der Gelassenheit der Kenntnis) entschieden werden, ob eine Einlassung sinnvoll und erfolgversprechend sein kann oder ob vielleicht auch das Schweigen besser fortgesetzt werden sollte……


Frank Theumer  am 14. Juni 2016 | 23. Okt 2018

Strafverteidiger | Mitglied im Verein Berliner Strafverteidiger



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